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ECHT – Unsere Jugend: Eine ECHTE Zeitreise und drei Therapiestunden für Band und Fans

Danke ECHT für einen Teil meiner Jugend, danke Kim für den Einblick in eure, für deine Offenheit und deine Gnadenlosigkeit. Danke für diesen schönen Abend und die Zeitreise. Danke für diese Filme ❤️

Diese Bänder mussten aus der Schublade raus. Guckt die Filme, liebt sie!

Das erste Album für 31,99 DM – immer noch ein Knaller. Leider konnte ich meinen Ordner mit allen Artikeln und Postern nicht mehr finden.

Als ich vor drei Tagen voller Vorfreude den ersten Film von „ECHT – unsere Jugend“ startete, dachte ich, ich lerne eine Band kennen. Eine Band, die ich mir in meinem Teenie-Hirn in allen möglichen Farben ausgemalt hatte. Damals als ich in Kim und Flo verknallt war, zwischen denen ich mich nie so richtig entscheiden konnte. Obwohl Verena Sump schon echt kacke klang. Wer bitte will „Sump“ heißen? Da war „Frank“ schon irgendwie die ansprechendere Variante. Naja … innere Konflikte einer 17-Jährigen eben 😉 Nun würde ich als Erwachsene endlich sehen, wie die Band getickt hat. Hinter die Kulissen schauen – „Backstage“ – das war ein Traum, der mir nie erfüllt wurde.

Natürlich habe ich alle drei Filme am Stück durchgeguckt. Meine Erwartungen wurden nur teilweise erfüllt. Aber nicht im negativen Sinne. Statt nur der Bandgeschichte habe ich einen Kim Frank kennengelernt, der so offen und echt über unangenehme Themen geredet hat und zu dem ich so viele Gemeinsamkeiten festgestellt habe, dem ich unglaublich ähnlich zu sein scheine. So gnadenlos ehrlich, dass ich nur den Hut ziehen kann. Es waren drei Therapiestunden für Kim Frank. Und irgendwie drei Therapiestunden für mich.

Von eigenen Erinnerungen überschwemmt

Als ich die Stimme hörte, die von Panikattacken im Kindesalter erzählte, sah ich das kleine verängstigte Mädchen, das nachts Stunden auf der Toilette verbrachte, weil nur das Licht und die beruhigenden Worte der Mama die Übelkeit und das Herzrasen langsam eindämmen konnten. Die Ängste, die ich glaubte überwunden zu haben, nur um im Erwachsenenalter umso schlimmer zurückzukommen.

Da war die unglaubliche Freundschaft und der Zusammenhalt der Band, die es unter Teenies glaub ich nur in derartigen Extremsituationen geben kann. Nie habe ich zu anderen Menschen eine solche Verbundenheit gespürt wie zu meinen Mädels in meiner Zeit als Leistungssportlerin. Niemand kann sich vorstellen, wie sowas zusammenschweißt, außer man hat es selbst erlebt. Aber wie einsam man dabei sein kann, versteht auch kaum einer. Einsam trotz der unfassbaren Nähe, weil in so jungen Jahren das Verständnis für manche Eigenheiten und Probleme einfach noch nicht da ist. Ich glaube, dass grade Menschen, die gerne mit Mittelpunkt stehen, besonders oft an Depressionen oder Angststörungen leiden. Ich glaube, dass es das schon immer gibt. Dass so offen darüber gesprochen wird, kommt zwar immer mehr, ist aber noch neu und wahnsinnig wichtig. Und in diesen Filmen unglaublich mutig.

Da war dieses für mich vollkommen überraschende Geständnis, dass Kim Frank sich zu dick gefühlt hat, mit seinem Körper nicht zufrieden war. Kim Frank, der von den Mädchen angehimmelt wurde und sich, wenn er gewollt hätte, wohl jeden Tag fünf mit auf’s Zimmer hätte nehmen können. Wo da die Parallelen liegen, muss ich ja nicht erzählen. Sicher nicht bei der Auswahl an Beischlafangeboten ;P Bei jemandem, dem nicht jeden Tag erzählt wird, er sei zu dick und sein Körper sei nicht in Ordnung wie er ist, fand ich es jedoch sehr erstaunlicher davon zu hören.

Das zeigt nur wieder, wie wenig man in jemanden hineingucken kann. Wie schlimm Selbstzweifel sind und was sie mit uns machen. Und dass wir immer nur ein Bild gezeigt bekommen. Was in unserem Kopf damit passiert, was wir daraus machen, liegt immer bei uns.

Ich habe ECHT geliebt und sie auf ein Podest gehoben. Sie waren so anders als die Boygroups und der Techno und Dance Einheitsbrei-Mist, der gerade modern war. Sie waren so echt. In der Doku zu sehen, dass sie das wirklich waren, wie sie sich lieber unbeliebt gemacht haben, statt gegen ihre Prinzipien zu handeln, dass sie Playback Auftritte gehasst haben, war einfach wunderbar zu sehen.

Die Filme haben mich weggefegt

Gut … die Einblicke in die Jungs-Jugend waren zwar sehr interessant, aber auch sehr befremdlich. Ich wusste nicht, dass man derart oft übers Wixen sprechen kann. Und auch nicht, dass sich Jungs sooft darüber austauschen. Ich möchte mir überhaupt nicht vorstellen, was meine Jungs mit ihren Kumpels so besprechen. Ansonsten bin ich natürlich auch total in meine Jugend zurückkatapultiert worden. Nicht nur wegen der fremden Jugend, die wir so hautnah miterleben dürfen, sondern vor allem auch wegen der Musik. Musik ruft einfach so viele Emotionen hervor, kann dich einfach in andere Sphären beamen.

Als ich auf Viva zum ersten Mal „Alles wird sich ändern“ gehört habe, hatte ECHT mich. Ich habe das Lied so geliebt, mich jung gefühlt und unbesiegbar. Und heute ist es genauso gekommen: Alles hat sich geändert. Wir haben Menschen verloren, sind durch dunkle Zeiten gegangen aben aber auch Familienzuwachs bekommen und unglaublich Schönes erlebt. ALLES ist anders seit wir groß sind.

Ich erinnere mich, wie ich im Abi-Stress immer wieder „auf der sonnigen Seite“ gehört habe, um daran zu glauben, dass es auch dunkle Zeiten vergehen, dass ich auf die Sonnenseite wechseln kann. Wie ich mich zu „Wo bist du jetzt?“ und „Fort von mir“ in Liebeskummer gesuhlt habe.

Diese Filme waren einfach nur ein Wirbelsturm an Gefühlen und Erinnerungen, der über mich hinweggeweht ist. Ich konnte nicht schlafen, weil sie mich so sehr berührt haben. Auch weil ein irgendwie negativer Nachgeschmack zurückgeblieben ist. Denn natürlich wurden die Schattenseiten des Star-Daseins nicht ausgelassen. Was war ich früher oft auch voller Neid, weil diese Jungs teilweise noch jünger waren als ich und schon so viel erreicht haben. Sie waren schon da, wo ich immer hinwollte – auf der Bühne. Schon immer wollte ich die Seite des Ruhms kennenlernen, gesehen werden, geliebt werden. Am liebsten von jedem. Ich bin von Casting zu Casting gefahren, um als Backgroundtänzerin zu arbeiten. Aber was soll ich sagen: auch hierfür war mein Hintern zu dick. Gefragt waren knappe Kleider, Hintern wackeln und Brüste zeigen statt Qualität. Sehe ich die Mitschnitte von ECHT, bin ich teilweise immer noch wehmütig. Teilweise aber auch froh, kein Teil dieses Fake-Wahnsinns gewesen zu sein. Der Kampf darin echt zu bleiben, war deutlich zu erkennen. In den Filmen sieht man, dass die Jungs ihn gewonnen haben.

ECHT hat vielen viel bedeutet

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Satz „Wir waren eine Band, die vielen Menschen viel bedeutet hat, aber keinem hat sie so viel bedeutet wie uns“. Ich würde das gar nicht so unterschreiben, denn was eine Teenie-Band Teenies bedeutet, ist schon ganz schön bedeutend. Was ECHT einigen Teenies bedeutet hat, war bedeutend.

Sie haben sicher viele Eltern verzweifeln lassen, viele Mädchenherzen gebrochen und manchen Blödsinn gemacht. Aber sie haben auch Hoffnung gegeben, beim Wiederaufstehen geholfen, Leben verbessert. Musik kann so viel. Ihre Musik konnte so viel. Manch einem Teenie hat sie Lebensmut und Lebenswillen geschenkt. Mir hat sie einen Teil meiner Jugend zurück gegeben. Ich habe täglich mindestens vier Stunden trainiert. Wir waren Deutscher Meister, durften Deutschland vertreten. Ich war Teil davon. Ich war jemand. Als ich mit 17 meine Karriere beendete, war ich niemand mehr. Da war nur noch dieses riesige schwarze Loch vor mir und in meinem Brustkorb. Egal wie sehr ich meine Arme um mich geschlungen habe, um mich zusammenzuhalten – die Leere war einfach immer da. Die Musik hat mich da ein Stück weit rausgeholt. Und da war eben auch ganz viel ECHT dabei. Ich war schon immer ein Fan-Girl, konnte mich super für eine Sache so richtig begeistern. Und da war ECHT: so anders und irgendwie nahbar mit ihren Pickeln und dem unqualifizierten, aber liebenswerten O-Tönen. Und ihrer deutschen Musik, die ich sonst nur von Grönemeyer gehört hatte. Was die Musik mir gegeben hat, habe ich ja schon ein wenig beschrieben. Aber auf einmal habe ich meinen Tag wieder gefüllt. Mit Bravo- und Popcornschnipsel sammeln, Spontantrips nach Köln, zu Konzerten und Videomitschnitten von jedem kleinsten Auftritt. ECHT hat wirklich nicht nur ECHT total viel bedeutet <3.

ECHT hat vielen viel bedeutet

In der Vor- und Nachberichterstattung habe ich das ein oder andere Tränchen gesehen. Und ich habe so mitgefühlt. Ich kann so gut verstehen, wie es sich anfühlt auf etwas zu schauen, das man geliebt und dass einen trotzdem irgendwie kaputt gemacht hat. Wie es sich anfühlt, dass diese Zeit aber einfach vorbei ist und man weiß, dass sie nie wieder zurückkommt. Und wie es sich anfühlt, dass es zwar okay ist, aber trotzdem irgendwie wehtut. Es gibt Menschen, die können glücklich sein, dass sie etwas so Besonderes hatten und dann einfach weiterziehen. Ich kann es nicht. Und den Filmen nach zu urteilen, kann Kim es auch nicht so wirklich. Umso schöner, dass er so viele Menschen nun so nah und ehrlich an dieser besonderen Zeit teilhaben lässt.

Danke ECHT für einen Teil meiner Jugend, danke Kim für den Einblick in eure, für deine Offenheit und deine Gnadenlosigkeit. Danke für diesen schönen Abend und die Zeitreise. Danke für diese Filme ❤️

Diese Bänder mussten aus der Schublade raus. Guckt die Filme, liebt sie!

ALLES hat sich geändert. Aber drei Stunden lang war ich wieder 17 und es war wunderbar.

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