... über Abnehmwahn und Leistungsdruck · Vreni schreibt

Nachtrag zu „Was sich wiegt, das neckt sich“ oder „McDonald’s ist einfach gut!“

Wir waren die besten Freundinnen, die man sich vorstellen konnte, haben zusammengehalten, sind durch dick und dünn gegangen, haben gemeinsam gelacht, geweint, Erfolge gefeiert und Misserfolge irgendwie weggesteckt.

Ihr Lieben,

ich habe einen Nachtrag zu meinem Artikel „Was sich wiegt, das neckt sich“ aus heutiger Sicht zu machen, nachdem ich so viele Rückmeldungen meiner ehemaligen Mitstreiterinnen bekommen habe. Zunächst war die Waage rot, nicht Silber. Ihr seht: Einige erinnern sich genauso gut – oder besser – an so manches Ereignis. Es ist schon erstaunlich, welche bekloppten Einzelheiten einem manchmal in Erinnerung bleiben. Und erzählt einer etwas, das man nicht mehr wusste, so erinnert man sich schlagartig. Wir könnten ein Buch schreiben, wenn wir uns mal alle wiedertreffen 🙂

Und natürlich war auch nicht alles schlecht. Wie hatten nämlich selbstverständlich auch eine schöne Zeit. Wir konnten das ein oder andere tatsächlich mit Humor nehmen. Schließlich hatten wir uns. Das war das Wichtigste. Das konnte uns keiner nehmen. Denn wir waren die besten Freundinnen, die man sich vorstellen konnte, haben zusammengehalten, sind durch dick und dünn gegangen, haben gemeinsam gelacht, geweint, Erfolge gefeiert und Misserfolge irgendwie weggesteckt. Gemeinsam sind wir durch dick und dünn gegangen und haben so viele Höhen und Tiefen erlebt. Was sollte uns da so ein Trainingslager schon anhaben? Ja, ok. Es sollte ein Ferienlager werden, aber was soll’s? Also haben wir versucht, aus so mancher Situation einfach das Beste rauszuholen. Klar: Wir waren ehrgeizig und haben unser Training immer ernst genommen. Aber wer kann es uns verdenken, dass wir die wenigen Situationen, die wir für uns waren, ausgenutzt haben – und zwar so richtig! Durften wir also mal alleine Joggen gehen… Was glaubt ihr was wir gemacht haben? Eins kann ich euch sagen: Wir sind nicht gejoggt 😉

Von der Leine gelassen
Es gab eine Steintreppe – nicht nur eine, aber eben eine, an der wir trainiert haben. Die mussten wir hoch- und runterrennen. Nicht ein-, zwei-, dreimal. Nein. Ich glaube es waren 20 oder 30 mal. Eine meiner Kolleginnen meinte vor Kurzem es seien 50 gewesen. Definitiv war es also öfter als es für uns gut war. Einmal is Stella* gestürzt. Ich sehe immer noch, wie krass das Knie geblutet hat. Es war komplett aufgeschürft. Aber was soll ich sagen? Die 30 Mal waren noch nicht beendet. Also hopp hopp! Keinen Schmerz vortäuschen bzw. so tun, als sei er vorgetäuscht und immer weiter weiter! Was soll denn da groß passieren? Eine Narbe, die man heute – und wahrscheinlich für immer – noch sehen wird? Pfff… Ist doch kein Problem. Das is eine solche Konditionseinheit doch wert, oder etwas nicht?

Diese Treppe haben wir also schon mal bei unserem Alleingang gemieden. Zumindest zum Trainieren. Denn ist man genau diese Stufen hoch gegangen, konnte man auf ein MCDonald’s blicken 🙂 Ironischerweise stand direkt oberhalb auch die besagte Waage. Aber unser Kleingeld hat dann leider nur für das wunderbar gelbe, leuchtende „M“ gereicht. Für das rote Monstrum war nix mehr übrig. So was aber auch! Wir sind also ganz gemütlich – eine Laufeinheit inklusive Steintreppen-Quälerei braucht schließlich seine Zeit – zum Mäcces geschlendert. Oder auch McDoof, zur Goldenen Möwe, zur Amerikanischen Botschaft … es wird nicht besser 😉

Bitte jeder nur einmal
Wenn wir irgendwo zum Essen waren – auch am Buffet im Hotel – durften wir immer nur einen Gang essen. Zumindest die „Dicken“. Die schlankere Fraktion durfte sogar ab und an Kohlenhydrate essen. Aber gut. Dazu habe ich nie gehört, daher kann ich dazu nicht so viel erzählen. Mein dicker Hintern und ich jedenfalls mussten sich also immer für einen Gang entscheiden. Das durfte auch Nachtisch sein. Man wurde zwar doof angeguckt, hat man sich dafür entschieden, aber das war die einzige Möglichkeit, auch mal offiziell was Süßes zu essen. Und jetzt sieht man mal, wie bescheuert ich bin: Ich hab mir in diesem lichten Moment meines Seins im McDonalds, ganz alleine, unbeobachtet… Na? Ein MCSunday gekauft. Richtig! Ich war ganz brav und habe nur Nachtisch gefuttert. Ich erinnere mich nicht mehr, was die anderen gemacht haben. Vielleicht schreiben sie mir das noch und ich kann es nachtragen. Aber bei ein von zwei Besuchen dort, da erinnere ich mich ganz genau, habe ich nur dieses beschissene Mini-Eis gegessen, das ich heute inhaliere. Und es war für meinen Geschmack nicht einmal genug Karamellsoße drauf. Im übrigen ist es das nie. Auch heute nicht. Also echt!

Unsere Tricks
Nun gut… Jetzt mussten wir also langsam ins Hotel zurück und entsprechend abtrainiert aussehen. Was macht man da? Zunächst sind wir Richtung Treppe und der ein oder andere is tatsächlich ein-, zweimal die Stufen hoch und runter. Aber mit Burgern im Magen war das nur so unsere zweitbeste Idee. Bevor wir also alles wieder rückwärts gegessen haben, haben wir das dann doch lieber alle aufgegeben. Allerdings kannten wir auch andere Methoden. Nicht, um das Essen wieder loszuwerden, sondern um k. o. Auszusehen. Die haben uns die „Großen“ beigebracht. Zunächst einfach etwas Wasser über den Kopf – nicht zu viel, damit es auch nach Schweiß aussieht. Das gleiche haben wir dann mit Gesicht und an den Stellen der Kleidung gemacht, die nach einer so wahnsinnig anstrengenden Trainingseinheit eben nass sind. Danach dann nicht vergessen: Kopf- oder Handstand machen, damit das Gesicht auch so richtig rot wird. Eventuell haben wir nicht mitgedacht, denn das Ganze mussten wir natürlich am Hotel noch schnell wiederholen. Irgendwie hält die Röte ja dann doch nicht an. Also im Hotelgarten angekommen, hat eine schon mal Ausschau gehalten, wo die Trainer zu finden sind, während die anderen ein Plätzchen gesucht haben, an dem wir unbeobachtet Hand- oder Kopfstand machen und gegenseitig immer wieder unsere Gesichter kontrollieren konnten, ob wir auch wirklich abgekämpft genug aussahen. Schließlich sollte uns dabei niemand beobachten. Nicht die Trainer, damit sie uns nicht auf die Schliche kommen. Aber vor allem auch sonst niemand. Die hätten uns doch für komplett irre gehalten.

Frostig mit John Frost
Haltet ihr uns nun für komplett irre, bin ich noch nicht fertig 😉 Denn dass wir dem Wahnsinn ganz nahe waren, haben wir in einer weiteren Aktion des Training-Vermeidens bewiesen. Die „Blume Gran Canaria“, die es übrigens heute noch gibt, fand immer im Dezember statt. Es war also auf den Kanaren nicht kalt, aber auch alles andere als sommerlich warm. Es muss 1996 gewesen sein, nicht 1995. Denn ich habe ein Foto gefunden, auf dem wir mit Jungs, die wir kennengelernt haben, gemeinsam am Strand zu sehen sind. 1995 waren das Volleyballer, ihr erinnert euch 😉 Auf dem Foto aber waren es Kunstturner. Kunstturner aus England. John Frost hieß einer. Das ist völlig belanglos und tut überhaupt nix zur Sache. Ich fand’s aber so lustig, dass ich es mal erwähnen wollte. Vor allem, dass sich eine meiner Mannschaftskolleginnen noch daran erinnern konnte, ist einfach der Clou. Außerdem folgt jetzt auch noch ein etwas unfreiwilliger Zusammenhang 😉 John Frost und Kameraden mussten nämlich mit uns ins wirklich wirklich frostige Meer. Nun – möchte man eine Trainingseinheit auslassen bzw. hinauszögern, braucht man nun mal eine Ausrede. Also haben wir die Jungs überredet, mit uns schwimmen zu gehen. Sie haben uns wahrscheinlich für geisteskrank gehalten, sind aber schön mitgekommen. Das war eine echte Scheißidee sag ich euch! Es war so eiskalt, dass wir es nur unter Aufbringung unserer kompletten Willenskraft und gegenseitigem Anfeuern geschafft haben, überhaupt ganz ins Wasser zu waten. Fuck! Das war so bescheuert. Schließlich mussten wir ja auch noch so tun, als hätten wir Spaß. Als dann irgendwann unsere Trainer zum Training geblasen haben, sind wir immer weiter rausgeschwommen.

Oh Gott! Es war so kalt! Und die Kunstturner sind brav bei uns geblieben. Die armen Säue! Wir schwammen und schwammen und haben immer weiter die Rufe ignoriert. Himmel! Wir haben echt geglaubt, wir könnten dem Training entgehen. Ich breche jetzt noch in lautes Gelächter aus, wenn ich daran denke. Wir haben gezittert, haben nichts mehr an uns gespürt, aber sind immer weiter auf der Stelle geschwommen. Habe ich schon erwähnt, dass es echt scheiße kalt war? Was um Himmels Willen haben wir gedacht passiert, wenn wir denn dann endlich rauskommen? Dass wir kein Training machen, weil es so spät geworden ist? Diese Vorstellung ist zu lächerlich, als dass wir das wirklich in Erwägung ziehen konnten. Von allen Geistern verlassen haben wir dann irgendwann Angst bekommen vor dem, was uns draußen erwartet. Und je länger wir das durchgezogen haben, desto größer wurde die. Also haben wir uns schließlich überwunden und die Jungs erlöst. Und dann haben wir trainiert. Selbstverständlich.

Es ist schon lustig, dass wir anscheinend doch bis zum Schluss daran geglaubt haben, irgendwie wieder aus dieser Situation rauszukommen. Möglicherweise waren wir also wirklich etwas irre. Aber wir waren toll 🙂 Ich hab euch lieb und danke euch für die Zeit! Ohne euch wäre das alles nichts wert gewesen ❤

*Namen wie immer geändert.

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